arztpraxen 713 erfuellungsgehilfe verrichtungsgehilfe DenPhaMedArzthaftung bei Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen

Inhaber und Inhaberinnen einer Praxis sind für nahezu alles verantwortlich, was in den Praxisräumen geschieht. Das gilt nicht zuletzt für Fehler, die Mitarbeiter begehen und die zu einer Schädigung von Patienten führen. Die rechtliche Grundlage findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dort heißt es in Paragraf 278 BGB: „Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.“

Ziel des Gesetzes ist es, zu verhindern, dass sich Ärzte möglichen Schadensersatzansprüchen von Patienten prinzipiell entziehen, indem sie Assistenten oder andere Erfüllungsgehilfen bei der Behandlung vorschieben. Als Erfüllungsgehilfen gelten Personen, die von einem Arzt mit dessen Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Arztes als Hilfsperson tätig werden. Damit ein Arzt als Schuldner zur Haftung gegenüber einem geschädigten Patienten verpflichtet ist, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt werden:

  • arztpraxen 713 erfuellungsgehilfe arzt schuldner DenPhaMedDie Schädigung des Patienten muss durch ein schuldhaftes Handeln entstanden sein.
  • Bevor der Schaden entstanden ist, muss es zu einem Schuldverhältnis gekommen sein, indem der Patient den Arzt um eine Behandlung gebeten hat.
  • Der Schaden muss aufgrund der Behandlung durch den Arzt oder einen Erfüllungsgehilfen eingetreten sein.
  • Die Fähigkeit zur Verantwortung muss gegeben sein (vgl. §§827 und 828 BGB).

Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es unerheblich, ob der Arzt selbst oder ein Erfüllungsgehilfe den Schaden verursacht hat. Letztlich wird der Arzt in Haftung genommen.

Wenn der Notarzt zum Verrichtungsgehilfen wird

Etwas anders gelagert ist der Fall, wenn ein Verrichtungsgehilfe den Schaden verursacht hat.

arztpraxen 713 erfuellungsgehilfe notarzt DenPhaMedUnter einem Verrichtungsgehilfen versteht man – nach § 831 BGB – eine Person, die von einem Geschäftsherrn in dessen Interesse mit der Verrichtung einer Tätigkeit beauftragt worden ist und von seinen Anordnungen abhängig ist. Das heißt, der Verrichtungsgehilfe ist weisungsgebunden. So kann beispielsweise ein Notarzt, der für einen niedergelassenen Arzt einen Notdienst übernimmt, als Verrichtungsgehilfe betrachtet werden (vgl. BGH, 10.03.2009, VI ZR 39/98).

Hier muss der Arzt als Geschäftsherr haften, wenn der Verrichtungsgehilfe während der Ausübung seiner Tätigkeit einen unbeteiligten Dritten schädigt. Sprich: Der Arzt kann zur Zahlung von Schadensersatz herangezogen werden. Damit es zu einem solchen Haftungsfall kommt, muss kein schuldhaftes Verhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschädigten bestanden haben. Andere Voraussetzungen müssen hingegen gegeben sein:

  • Vor allem muss der Verrichtungsgehilfe einen Schaden im Sinne des BGB (v.a. § 823) verursacht haben.
  • Der Schaden, den der Verrichtungsgehilfe verschuldet hat, muss in einem direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, die er für den Dienstherren ausgeübt hat.
  • Und schließlich muss der Geschäftsherr dem Verrichtungsgehilfen die Anweisung gegeben haben, die Tätigkeit auszuführen, in deren direkten Zusammenhang der Schaden verursacht wurde. Es besteht also juristisch gesprochen eine Verschuldensvermutung zu Lasten des Geschäftsherrn, in unserem Beispiel der niedergelassene Arzt, der einen Notarzt beauftragt hat.

In selten Fällen kann ein Erfüllungsgehilfe gleichzeitig auch Verrichtungsgehilfe sein. Ist dies der Fall, kann der Arzt, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, nach § 831 BGB und den §§ 278 sowie 280 BGB zu Schadensersatzleistungen verpflichtet sein.

Restrisikoabsicherung für angestellte Mediziner

Für angestellte Mediziner wird zudem immer auch überprüft, ob am Schadendatum grundsätzlich Versicherungsschutz des Arbeitgebers bestand.

arztpraxen 3713 erfuellungs verrichtungsgehilfen DenPhaMedDieser ist nur dann gegeben, wenn an diesem Datum eine gültige Police bestand, also der Zeitraum tatsächlich versichert war. Dazu ist es erforderlich, dass die Police sich im ungekündigten Zustand befand, die Prämie pünktlich bezahlt worden ist und der Versicherungsschutz auch nicht schadenquotenbedingt vom Versicherer versagt wurde. Eine weitere Unbekannte liegt älteren Haftpflicht-Policen (vor 2000 abgeschlossen). Da könnte eine veraltete Sterbetafel zugrunde liegen, die den versicherten Leistungszeitraum des Schutzes signifikant minimiert.

Ärztinnen und Ärzten in der Aus- und Fortbildung ist deshalb generell zu empfehlen, sich aus reinem Restrisikoschutz bereits vor Aufnahme der ersten Tätigkeit um eine eigene Berufshaftpflichtversicherung zu kümmern, die alle ärztlichen Tätigkeiten bereits dem ersten Arbeitstag rechtsverbindlich absichert. Aufgrund des geringeren Risikos im Angestelltenverhältnis ist dieser Schutz sehr günstig zu haben.