arztpraxen 615 berufsunfsehigkeits rente DenPhaMedKammerversorgung und Berufsunfähigkeitsrente

Rigide Verweisungspraxis der Versorgungswerke trifft Mitglieder

Die berufsständischen Versorgungswerke dienen vor allem der Altersversorgung und dem Schutz der Hinterbliebenen von Medizinern. Alle anderen Leistungen der Kammerversorgung sind Zusatzaufgaben, die die Kernaufgaben nicht gefährden dürfen. Auch deshalb kommt die Absicherung bei Berufsunfähigkeit sehr kurz – mit fatalen Folgen für Betroffene.

Zahlungen bei Berufsunfähigkeit – im Schnitt erhalten ältere Mitglieder rund 2.000 bis 2.800 Euro pro Monat, Berufseinsteiger bekommen meistens deutlich weniger – gehören nicht zu den Kernaufgaben berufsständischer Versorgungswerke. Und je mehr Leistungen ein Versorgungswerk hier erbringen muss, desto größer ist die Belastung, denn sie kosten eingeplante Beiträge und minimieren gleichzeitig den Deckungsstock. Mehr

Auch deshalb nehmen Versorgungswerke der Ärztekammern den Begriff Berufsunfähigkeit (BU) wortwörtlich und zahlen nur dann eine Rente, wenn eine (Zahn-)Ärztin oder ein (Zahn-)Arzt vollständig berufsunfähig ist – wenn der Beruf also in welcher Form und Funktion auch immer überhaupt nicht mehr ausgeübt werden kann. Von daher entspricht die rudimentäre Absicherung bei Berufsunfähigkeit der ärztlichen Kammerversorgung eher einer privaten Erwerbsminderungsversicherung als einem privaten Berufsunfähigkeitsschutz

Ärzte sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Berufsunfähigkeitsrente bedingungsgemäß nur dann gewährt wird, wenn es nicht mehr möglich ist, Betroffene auf irgendeine andere medizinische Tätigkeit – etwa als Gutachter oder in Lehre und Forschung – zu verweisen. Diese Vorschrift ist in allen Satzungen der Versorgungswerke verbindlich und wird auch konsequent angewendet, wie diverse Urteile und Untersuchungen zeigen. Widersprüche gegen diese Praxis sind in aller Regel erfolglos.

zahnärztliche Erfahrung auch außerhalb der Praxis einbringen

So wurde der Antrag eines Zahnarztes, der nachweislich aufgrund von Schmerzen nicht mehr lange stehen und deshalb keine Behandlungen mehr durchführen konnte, mit der Begründung abgelehnt, er könne seine zahnärztliche Erfahrung auch außerhalb der Praxis einbringen. Die Klage dagegen wurde abgelehnt, und er musste obendrein die Kosten des Verfahrens tragen.

Verweisung

Ein anderes Gericht befand, dass ein Arzt, der in seiner Praxis nicht mehr arbeiten konnte, kein Anrecht auf BU-Rente habe, weil er auch eine Dozententätigkeit an einer berufsbildenden Schule aufnehmen könne. Eine solche Verweisung kann abstrakt ausgesprochen werden, eine entsprechende Stelle muss nicht zur Verfügung stehen, die theoretische Option reicht zur Ablehnung.

BU-Risiko aufgrund psychischer Erkrankungen

Unter Ärzten steigt der BU-Risiko aufgrund psychischer Erkrankungen seit Jahren an. Seelische Erkrankungen sind  auch unter Medizinern mittlerweile zum häufigsten Grund für eine eingeschränkte ärztliche Leistungsfähigkeit geworden. Doch meist sind die Fälle, nicht so ausgeprägt, dass keine Verweisung möglich wäre. Finanziellen Schutz bietet in aller Regel nur eine private Versicherung.

Abstrakte Verweisung

Abstrakte Verweisungen sind einer der Hauptgründe, warum keine Leistungen aufgrund einer Berufsunfähigkeit trotz Absicherung gezahlt werden müssen. Zwar verzichten die meisten Versicherer in ihren Bedingungen explizit auf das Recht einer abstrakten Verweisung auf fiktive Beschäftigungsmöglichkeiten, einige jedoch verwässern diesen Verzicht dann doch im „Kleingedruckten“.

Die Kammerversorgungen gehen den Weg der Verweisung, weil sie den Schutz bei Berufsunfähigkeit nur bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit implementiert haben. Eine großzügigere Handhabung könnte das gesamte Altersvorsorgekonzept gefährden. Viele Kammern empfehlen deshalb den Abschluss einer zusätzlichen privaten Absicherung.

Für Mediziner sind daher abstrakte Verweisungen in der privaten Absicherung inakzeptabel.

Konkrete Verweisung

Wer eine private Berufsunfähigkeitspolice abschließt, sollte daher darauf achten, dass höchstens eine konkrete Verweisung möglich ist. Das bedeutet, dass die Versicherungsleistung ab 50-prozentiger Berufsunfähigkeit zu zahlen ist und das auch, wenn der Mediziner trotzdem in irgendeiner Form in seinem bisherigen Beruf weiterarbeitet.

Verwiesen werden kann nur auf einen konkreten Anlass hin, nämlich dann, wenn der Antragsteller irgendwann im Leistungsbezug einen anderen Beruf tatsächlich ausübt. Dieser neue Beruf muss zudem der Lebensstellung, den Fähigkeiten und den Kenntnissen eines Mediziners entsprechen. Damit sind Ärzte kaum noch verweisbar.

Einzelne Anbieter verzichten sogar auf die konkrete Verweisung.

Sie wollen mehr über das Thema Absicherung des Berufs wissen? Unsere Fachanwälte haben diese Thematik für Sie aus juristischer Sicht aufbereitet. Mehr 

Auch wenn sich die Versorgungswerke immer wieder für ihre Absicherung der Berufsunfähigkeit werben: Allein die Zusage der Kammerversorgung reicht aus zwei Gründen nicht aus. Ersten kommt sie meist zu spät und zweitens ist sie zu gering, um den Bedarf eines Arzthaushalts zu decken. Genau diese beiden Lücken füllt eine zusätzliche private BU-Absicherung.

Angesichts des restriktiven Berufsunfähigkeitsschutzes von Kammerversorgungen ist es nicht verwunderlich, dass es immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen Versorgungswerken und einzelnen Mitgliedern kommt, bei denen Mediziner ihr Recht auf eine Berufsunfähigkeitsrente einklagen wollen. Meist mit wenig Erfolg, nur manchmal geben Gerichte den Klägern Recht. Vor allem dann, wenn die verbliebene Arbeitskraft des Klägers so gering ist, dass er noch nicht einmal mehr ein Existenzminimum erwirtschaften kann. Für solche Verfahren lohnt sich ein guter Arzt-Rechtsschutz.