apotheken pseudo rx retax basistarif pkv DenPhaMed„Pseudo-Retax“ bei privaten Krankenversicherungen (PKV)

Ein schwierig beherrschbares Risiko in Apotheken

Retaxationen bei gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sind ein bekanntes Ärgernis für Apotheker. Weitgehend unbekannt ist dagegen, dass es ein ganz ähnliches Problem bei privaten Krankenversicherungen gibt, das bislang nicht zu versichern ist.

Null-Retax ist GKV-Sache. Identisches Resultat aber auch bei PKV-Rezepten im Basistarif

Das Problem tritt bei Rezepten für privatversicherte Personen mit Basistarif auf. In einem Fall, über den Medien berichteten, ging es um rund 3500 Euro. Ein Patient hat seinem Apotheker eine Abtretungserklärung gegenüber der privaten Krankenversicherung unterzeichnet. Das Rezept hat er jedoch zu spät eingereicht, denn Rezepte von Basistarif-Kunden verfallen nach 30 Tagen ab Ausstellung. Alle sonstigen Privat-Rx erst nach einem Jahr. In unserem Beispiel hatte der betroffene Apotheker einen Verlust in Höhe der genannten 3500 Euro zu tragen.

Anders also als bei den übrigen Tarifen der PKV können Rezepte von Basistarifen nicht innerhalb von drei Monaten eingereicht werden. Für Versicherte im Basistarif gilt wie für Patienten der gesetzlichen Krankenversicherungen eine Frist von nur einem Monat. Zudem muss das Rezept von einem Vertragsarzt ausgestellt werden. Wird die Monatsfrist überzogen, zahlen private Krankenversicherer keinen Cent, und Apotheker bleiben auf den Kosten sitzen.

Privatrezept (PKV)

Anmerkung zur Klarstellung:

Formal-juristisch kann es bei den privaten Krankenkassen (PKV) keinen Retax geben, weil dieser ausschließlich auf mängelbegründete Teilabzüge oder Null-Retax bei den GKVen beschränkt ist. De facto jedoch ist das Ergebnis für betroffene Apotheker jedoch immer exakt dem Null-Retax gleich: Sie bekommen das Geld für die abgegebenen Medikamente nicht ausgezahlt. Informationen zu den versicherbaren Retax-Tatbeständen



Für Apothekerinnen und Apotheker ist dieses Pseudo-Retax-Risiko nicht zu erkennen, weil anhand der Rezepte nicht auszumachen ist, ob ein Versicherter einen Basistarif hat. Damit wird das Einreichen von Privat-Rezepten nach Verstreichen der Monatsfrist – was bei Rezepten privater Versicherer vielfach die Regel ist – zum Vabanque-Spiel für Apotheken und auch für die betreffenden Privatpatienten.

Die Basistarife für Versicherte der privaten Krankenversicherungen gelten allgemein als eine Art Notlösung für Privatversicherte, die die üblichen Tarife ihrer PKV nicht mehr bezahlen können und die nicht zu gesetzlichen Krankenkassen wechseln können. Diese Tarife müssen von PKV seit Januar 2009 angeboten werden. Bei Personen, die vor dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten sind, gilt, dass ein Anspruch auf einen Basistarif dann besteht, wenn Versicherte mindestens 55 Jahre alt sind oder eine gesetzliche Rente beziehungsweise eine Beamtenpension beziehen oder nachweislich die Kosten für einen regulären PKV-Tarif nicht mehr tragen können. Wer nach dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten ist, kann ohne Begründung und Vorbedingungen in den Basistarif wechseln.

apotheken rx retax basistarif pkv gkv DenPhaMedWürfel symbolisieren den Wechsel von der gesetzlichen Krankenkasse zur privaten Krankenkasse.

Die Leistungen der Basistarife sind denen der gesetzlichen Krankenkassen (Standardtarif) vergleichbar, allerdings sind Basistarife meist teurer und bieten geringfügig bessere Leistungen. Selbstbeteiligungen und Zusatzversicherungen sind bei Basistarifen möglich.

Nimmt ein Patient mit Basistarif die Behandlungen eines Mediziners in Anspruch, der kein Vertragsarzt ist, muss er damit rechnen, zumindest einen Teil der Behandlungskosten selbst tragen zu müssen.

Generell tritt das Risiko überall dort auf, wo ehemals in der PKV Vollversicherte aufgrund Alters, beruflicher Einschnitte, mangelnder Altersvorsorge oder schwerer Erkrankung, oft in Verbindung mit einem ungenügenden Liquiditätsschutz bei Berufsunfähigkeit nicht mehr in die GKV zurückwechseln können und deshalb den GKV-ähnlichen Basistarif wählen müssen, den jede Private Krankenkasse gesetzlich verankert anzubieten hat. Damir sammeln sich in diesen Basis-Tarifen zwangsläufig aus PKV-Sicht die „schlechten Risiken“, weshalb hier auch nicht auf irgendeine Kulanzlösung gesetzt werden sollte. Es ist allgemein bekannt und wird auch seitens der Kostenträger klar kommuniziert, dass Basistarif-Kunden nur das vorgeschriebene Minimum an Leistungen erhalten und auch deren tarifliche Regulierungsprozesse sich an den Usancen der gesetzlichen Krankenkassen anlehnen.

Auch apotheke adhoc berichtete über diesen Fall und machte das Problem damit öffentlich. Dass das Thema vielen unter den Nägeln brennt, zeigen über 550 Beiträge in dem Branchen-Newsletter zum Thema Retax und über 70.000 Klicks und die damit verbundene Leser-Diskussion zum Sonderfall „Pseudo-Retax PKV“. Hier wird das bisher vom Gesetzgeber und den Versicherern noch nicht wahrgenommene, nur schwer lösbare Risiko und die sich daraus ergebenen Herausforderungen für jede Apotheke für jeden Beteiligten sehr plastisch dargestellt. „ Wir empfehlen jedem Pharmaziestudenten noch ein Jurastudium dranzuhängen, bei den zahlreichen Stolperfallen des Alltags wird das unerlässlich. So karikiert V. Grüter die Situation: „Jetzt fangen die Privaten mit dieser Abzocke auch schon an, es wird immer schlimmer und weiterhin bleiben wir Apotheker am Ende die Dummen und Schwächsten in der Kette.“ Und Leser Wogendt sekundiert: „naja... Früher oder später geht es schief. (…) Zuerst läuft man dann dem Eigenanteil hinterher, und ab und an platzen die Rechnungen komplett. Das ist zwar selten, tut dann aber auch so richtig weh. Das System ist kaputt. Auch im PKV-Bereich.“ Dr. Gehrke bemüht sich in seinem Kommentar um sachliche Aufklärung, das Ergebnis sei jedoch eindeutig: „Ergo: Pure Abzocke auf unsere Kosten.“ Zur Diskussion


Die Vermeidungsformel Nr. 1 lautet: PKV-Rezept = GKV-Rezept

Für den Abgebenden in der Apotheke ist es fast unmöglich zu bewerten, ob der Kunde in der PKV einen Basistarif hat oder nicht. Es sollten daher Privatrezepte grundsätzlich so behandelt werden wie GKV-Rezepte. Das heißt, dass jedwede Rezeptprüfung die bei den GKV - Rezepten zwingend angewendet werden muss, im Rahmen der Rezeptkontrolle (4 Augen Prinzip), auch bei den PKV-Rezepten zur Anwendung kommen muss:

  • Formale Bestandteile:
  • Arztstempel und Unterschrift (Vor- und Zuname)
  • Patientenname
  • Versicherung (ggf. Versicherungsnummer)
  • Aut Idem
  • Zeitraum zwischen Verordnungs- und Abgabetag (Gültigkeitsdauer der Verordnung)
  • und natürlich die pharmazeutischen Bestandteile: Menge, Darreichungsform, Einnahme

Risikominimierungen, die unsere Experten empfehlen:

apotheken rx retax basistarif risikominimierung DenPhaMed

Im Rahmen des verpflichtenden QMS für Apotheken ist es sinnvoll, der Rezeptkontrolle eine gesonderte Verfahrensanweisung zu erstellen und diese jedem Mitarbeiter bekannt zu machen. Denn dort ist niedergeschrieben, wie genau die qualitätsrelevanten Themen zu behandeln sind und wie die Prozesse in der Praxis konkret zulaufen haben.

In aller Regel betrifft das dann diese Stichworte:

  • Prüfung des Privatrezeptes auf formale Fehler zur allgemeinen Retax-Prophylaxe.
  • Liegt eine Abtretung seitens des Patienten vor? Dann analog zum T-Rezept besondere Obacht!
  • Hat der Patient einen Vormund bzw. hat dieser Vollmachten erteilt, und welche?
  • Abgabe des Arzneimittels, Taxierung und Abrechnung des Rezeptes in welcher Frist.
  • Und wo sind all diese Informationen in die Kundenverwaltung einzupflegen?

Eine weitere Möglichkeit bieten viele Abrechnungszentren an, nämlich diejenigen, die mittlerweile auch das Inkasso für Privatrezepte übernehmen. So wird sichergestellt, dass zwischen Abgabe und Abrechnung nicht zu viel Zeit verstreicht und möglicherweise Fristen versäumt werden, die im Ergebnis nichts anderes bedeuten, als Null-Retax für in aller Regel sehr teure Verordnungen.

Auch ein entsprechender Hinweis für die Abgebenden in der Kundenverwaltung hilft, das Problem zu lösen. Zum Beispiel: Achtung Privatpatient! Verordnungs- und Abgabetag prüfen, sofort mit der Versicherung abrechnen!

Empfehlenswert ist auch, sich bei Unklarheiten mit der Leistungsabteilung der entsprechenden Versicherung kurzzuschließen und die Abrechnungsmodalitäten für den Kunden genau zu erfragen. So können gezielte Handlungsanweisungen für diesen Patienten in der Kundenverwaltung hinterlegt werden.

Auf Nummer sicher geht nur, wer rechtzeitig vorsorgt

Für alle, die auf Nummer sicher gehen wollen, kann sich der Qualitätsmanager oder Versicherungsbetreuer auch die allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) des für den Patienten geltenden Tarif anfordern, und diesen entsprechend auswerten. Dann reicht bei den Privatpatienten mit Langzeit-Medikation oder der längerfristigen Verordnung besonders teurer Medikamente die dann einfache und unverfängliche Frage nach dem aktuell gültigen PKV-Tarif (Zugegeben: den können viele nicht benennen, bringen dann aber meist eine Unterlage mit, aus der der Tarif hervor geht). Und damit ist klar, bei welchen Patienten besser ein 4-Augen Prinzip bei der Rezeptannahme und -abrechnung anzuordnen ist.

Und für den Fall, dass die PKV doch einmal eine Zahlung versagt, sollte vorher geprüft werden, ob die bestehende Rechtsschutzversicherung die anfallenden Anwaltskosten für die dann notwendige Klage zur Erwirkung eines Titels auch tatsächlich übernimmt. Denn als Ultima Ratio muss am Ende der Patient oder seine Erben für den Schaden aufkommen. Jedenfalls dann, wenn er zahlungsfähig ist oder die Hinterbliebenen das Erbe nicht ausschlagen, was jedoch bei vielen PKV-Kunden im Basis-Tarif leider anzunehmen ist.

Sie möchten nicht auch noch von den PKVen retaxiert werden können? Dann setzen Sie das Thema in Ihrer Apotheke/in Ihren Apotheken auf die Tagesordnung und gehen an. Gerne auch mit aktiver Unterstützung unserer Experten. Anfrage Pseudo-Retax PKV vermeiden